Die Sagen von Misrah 1 - "Der Herr der Berge" (german)

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Die Sagen von Misrah - "Der Herr der Berge"
The tales of Misrah - "The growl of the mountain king"

by Misrah

"So so, also Glasmacher seid Ihr?" - "Ja, Freund. Wei០Gott, es ist ein anstrengender Beruf, aber er erná¤hrt seinen Mann". - Es war ein beschwerlicher Weg auf diesem uralten ausgetretetenen FuáŸpfad á¼ber die Berge. Und der so schwere wie ratternde und klimpernde Karren von Misrah's Weggefá¤hrten machte die Sache nun nicht unbedingt einfacher.

"Gesellenwanderung...". - Er hatte diese althergebrachte Tradition und Weisung seines Meisters von Anfang an fá¼r Unfug und als komplett á¼berflá¼ssig befunden. - Aber gut, man streitet schlecht mit einem Magier und so hatte er sich aufgemacht und zog nunmehr schon seit zwei Monaten durch die Lande. Mal per Anhalter, meist aber doch zu FuáŸ. SchlieáŸlich war es kein Leichtes, Fahrer zum Anhalten zu bewegen wenn man wie er mit schwarzer, lederner Jacke, weiáŸem Haar und Eisenketten um die Schulter gewunden umherzog. Und so hatte ihn sein zielloses Streifen auf Schusters Rappen schlieáŸlich in diese hohen Berge Schlesiens gefá¼hrt.

Nun, es mochte ihn wohl weit schlimmer getroffen haben ká¶nnen, dachte der Magierlehrling bei sich. Denn immerhin war es Sommer und die Sonne beschien wohlwollend die grá¼nenden Pflanzen und beschehrte ihnen und den Vá¶geln, die von den á„sten sangen, angenehme Wá¤rme. Lediglich, so vermerkte er fá¼r sich selbst und die Zukunft: In einer schweren,ledernen Jacke zu wandern erwies sich als eine wahrlich schweiáŸtreibende Angelegenheit und bei der ná¤chsten solchen Gelegenheit wá¼rde wohl selbst er gewi០von seinem gewohnten Stile in der Zukunft abweichen und sich etwas zweckdienlicher kleiden.

Nun, immerhin hatte er auf seinem Weg á¼ber diesen huckligen Pfad diesen wunderlichen jungen Mann getroffen. Ein grobschlá¤chtiger, um nicht zu sagen einfá¤ltiger Typ wohl, aber ein guter ZeitgenoáŸe, dessen Beruf ihn nun wohl nicht wenig erheiterte. "Glasmacher..." - so dachte er abschá¤tzig bei sich. In dieser gottverlassenen Gegend schien die Zeit wahrlich stehen geblieben zu sein. Aber was sollt's und da ihm der gute Vojtech wá¤hrend dieser Wanderschaft so trefflich Gesellschaft leistete und ihr lockeres, freundliches Plaudern die Má¼hsal der Wanderschaft ertrá¤glicher machte, wollte er sich's auch nicht zu schade sein den mit zahllosen Glaswaren beladenen Handkarren seines neuen Freundes auch mitzuziehen.

Ein letzter, beherzter Ruck am Karren (so dass die Eisenketten und Medaillons um Misrah's Schulter mit den Glaswaren um die Wette zu klimpern schienen) und sie hatten den vorerst letzten Huckel auf ihrem Anstieg genommen. Der Weg verbreiterte sich nun zu einer kleinen Lichtung, und die beiden jungen Gesellen stellten den Leiterwagen, erschá¶pft á¤chzend von den vorangegangenen Anstrengungen, inmitten der vom Grá¼n des Sommers umrahmten Ebene ab. "Ein trefflicher Tag fá¼r die Wanderschaft" sagte Vojtech, wá¤hrend die Beiden Wanderer sich zu ihrem Mittagsschmaus auf einem Baumstamme darniedersetzten und er das Bá¼ndel mit seiner Wegzehrung á¶ffnete.

Das Medaillon um Misrah's Hals trug die Rune der Sprachen, ein weiterer Vorteil seines Handwerks, der es ihm ohne weitere Probleme ermá¶glichte, dem stark dialektisch gefá¤rbten Tschechisch seines Weggefá¤hrten nicht nur zu folgen, sondern diesem auch in gleicher Zunge zu antworten. - Auch der Magierlehrling nahm nun seinen Rucksack von den Schultern und kramte etwas zu Essen hervor, dass er sich wohlweislich vor der bevorstehenden Reise zurechtgemacht hatte.

Tief sog er die frische Luft der Berge ein, bevor auch er sich hungrig á¼ber seine Wegzehrung hermachte. Und wie die beiden Weggefá¤hrten so eintrá¤chtig beieinander zum Schmause saáŸen, da trat ein anderer Reisender aus entgegengesetzter Richtung auf die Lichtung. Und selbst wenn er nicht der Einzige gewesen wá¤re, der den Beiden dort in dieser menschenleeren Stá¤tte begegnet wá¤re. Auffá¤llig wá¤re er dennoch gewesen.

Ein gestandener tschechischer Kerl war's, von mittlerem Alter und hohem Wuchs, gewi០zwei Meter lang. Gewandet war er vornehmlich in eine schwarze Robe, die bis knapp á¼ber die Knie reichte. Darunter ragten die haarigen, bloáŸen Beine des Mannes zu Boden. Beine, die davon zeugten, dass der Geselle gewi០in seinem Leben nicht fuáŸfaul gewesen sein konnte. Die Fá¼áŸe schá¼tzten ihm á¼berlange Strá¼mpfe, die er obdessen eingefaltet hatte und in grobschlá¤chtigen, há¶lzernen Schuhen, Pantoffeln gleich, steckten. Ein Já¤germesser in einer roten Há¼lle hing markant von dem Gá¼rtel, welcher seine ganze Kleidung zusammenhielt. Die schwarze Kapuze der Robe gewá¤hrte ihm Schutz vor der Hitze der heiáŸen Augustsonne, gerade soweit herabreichend um nicht den Blick auf seine intensiv, um nicht zu sagen stechend unter den buschigen Brauen hervorblickenden Augen zu nehmen. Das Auffá¤lligste an diesem seltsamen ZeitgenoáŸen aber mochte unbezweifelt wohl der feuerrote Bart gewesen sein, der lang und dicht gleich einem Keil aus seinem groben Gesichte in die Welt ragte.

"Seid gegrá¼áŸt, Kameraden!" hub der GroáŸe in tiefem Basse an, den Beiden zuwinkend. "Welch Glá¼ckes Geschick etwas Gesellschaft zu begegnen an so einsamer Stá¤tte. - "Zum GruáŸe, Landsmann." entgegnete Vojtech, dem Brauche gemá¤áŸ. "So setz' Dich zu uns und raste ein Weilchen." - Der Fremde tat wie ihm geheiáŸen und setzte sich neben den beiden auf den verwitterten Baumstamm.

"Was fá¼r einen schá¶nen Vormittag uns die Natur doch heut' beschehret." rief der Fremde frohgemut aus, wá¤hrend er á¼ber die grá¼ne Lichtung blickte. "So sagt, Freunde. Habt ihr nicht den ein oder anderen BiáŸen fá¼r mich armen Wanderer?" Vojtech zá¶gerte etwas. War sein Vorrat doch nicht so á¼ppig, dass er eigentlich etwas entbehren há¤tte ká¶nnte. Nichtsdestotrotz brach er schlieáŸlich etwas vom Ká¤se, dem Brot und der Rá¤ucherwurst und reichte es dem Neuanká¶mmling.

Misrah derweil sah nicht im Mindesten ein, warum er wohl dem Bá¤rtigen einen Teil seiner Speise abtreten sollte. Wer in diese Berge wanderte, der muáŸte damit rechnen Verpflegung zu brauchen und dafá¼r auch solche mitfá¼hren. Das Gebot schlicht der gesunde Menschenverstand und das bettlerische Gebahren des Há¼hnen war ihm von Grund auf zuwider. - Da mochte Rotbart die Hand noch so bittend ausstrecken. "Wer nicht genug Verstand hat sich etwas mitzunehmen, der hat eben Hunger." So dachte er bei sich, beachtete den Kuttentrá¤ger nicht weiter und beeilte sich mit seinem Mahl fertig zu werden, um endlich von diesem lá¤stigen Bettelmanne fort zu kommen.

Und so beendeten sie Ihr Mahl, gemeinsam wie sie es begonnen hatten. - Als der Fremde plá¶tzlich aufstand und anhub. "Nun, das war ein vortrefflich Mahl, so mu០ich sagen. Vojtech, ich danke Dir fá¼r die Speise. Du bist ein guter Kerl und Du und Dein Glas sollen zu allzeitens sicher sein in diesen Bergen." - "Du aber..." und nun wandte sich der Kapuzentrá¤ger Misrah zu, "bist ein geiziger Gesell, und dafá¼r solltest Du Dich vorsehen, wenn Du Dich bewegst in meinem Reiche."

Der junge Magiergeselle hatte es nun wohl genug, der Bá¤rtige trieb's gar zu weit. "Es wá¼rd' dem GroáŸen gewi០nicht schaden, ihn ein wenig zurecht zu stutzen." Mit einem gedauerten Seufzer erhob sich der junge Mann in der Lederjacke somit, um Freund Rotbart anschlieáŸend mit durchdringendem Blick in's Auge zu nehmen. Dank des Medaillons antwortete er in perfektem Tschechisch somit: "Nun, wer glaubt Ihr dass Ihr seid, hier durch die Berge zu streifen und anderer Leute Proviant zu erbetteln und dann auch noch frech zu werden? - Macht Euch fort, Ihr Bettler! Bevor ich mich vergesse..." - Vojtech derweil erstarrte in Furcht und murmelte etwas wie "Hriob Zagel..." - Der junge Zaubergeselle schenkte dem nicht weiter Beachtung, voll auf sein Gegená¼ber fokussiert.

"Ein forscher Gesell, das seid Ihr fá¼rwahr, junger Freund." grinste der Bá¤rtige. "Doch wiáŸt Ihr noch nicht wann's Zeit ist den Mund zu halten." - "Ihr geht besser Eures Weges." entgegnete Misrah bestimmt, nach einem der Medaillons an seiner Schulter greifend. Der Rotbart wá¼rde schon noch lernen, was es bedeutete...

Das eiserne Schmuckstá¼ck, welches er anzutasten suchte zersprang mitsamt seiner Kette, noch bevor die Hand es greifen konnte. Mit unglá¤ubigem Blick sah der Zauberlehrling auf seine Schulter herab. Doch so schnell wollte er es nicht aufgeben. Mit einem raschen Griff an den Gá¼rtel zog er einen Beutel hervor, dessen Pulver er in Richtung seines Gegená¼bers zerstá¤ubte. - Doch nur eine Bewegung der Hand des Rotbartes spá¤ter trug der Wind das zauberwirkede Pulver zur Seite davon, ohne dass es irgendeinen Schaden anrichten há¤tte ká¶nnen.

All das áœberhebliche und Siegessichere in Misrahs Blick waren nun verflogen, sondern wichen nunmehr atemlosen Erstaunen. Mit verdutztem Blick lenkte er seine Augen zurá¼ck auf den Bá¤rtigen. - "Ich sehe wohl, dass Du die Kunst der Magie studierst, junger Kerl. - Aber Du lernst besser Deine Grenzen zu kennen, bevor Dich Dein áœbermut noch einst den Hals kosten mag."

Der Grobschlá¤chtige grinste á¼ber seinen hervorstechenden Bart hinweg, dass es Misrah kalt den Rá¼cken herunterlief. - "Aber, so will ich sagen." fuhr der Unheimliche fort, "Du gefá¤llst mir irgendwie. Launisch, ungestá¼m und sonderbar wie Du bist. Mit Dir mag noch etwas anzufangen sein und somit will ich's fá¼r diesmal noch gut sein lassen.. . Aber Du hast meinen Zorn geweckt und somit eil' Dich, dass Du zusiehst dass Du Dich fort von meinem Reich machst, bevor ICH es mir anders á¼berlege..."

Misrah zá¶gerte, ungezá¤hlte Flá¼che und Verwá¼nschungen auf den Lippen, die er aber schlicht nicht mehr herauszubringen in der Lage zu sein schien. Er fletschte die Zá¤hne, fauchte, ja wand sich is schier im Versuch. Doch gleich wie sehr er es auch probierte: Es wollte und wollte kein Wort herauskommen. - So drehte er sich schlieáŸlich langsam um und stapfte unverrichteter Dinge von Dannen. Nach einer Weile wurden seine Schritte schneller, er lief. Schneller und immer schneller und nie wieder hat man den, den sie Misrah nennen, wohl wieder so laufen sehen als wie damals, als er unter dem á¼ber alle Gipfel hallenden Gelá¤chter des Bergká¶nigs aus den Wá¤ldern hastete.

"Und es ist und bleibt eben doch wie man es sagt...", zog der listige, uralte Berggeist in sich hineingrinsend Resá¼me, wá¤hrend der Sterbliche hinter ihm eiligst seinen Glaskarren packte und zá¼gigst Fersengeld gab. - "Lehrjahre sind keine Herrenjahre... - Lauf Du nur, Du Zauberlehrling... - Und lerne..."

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”žRá¼bezahl, sollt ihr wissen, ist geartet wie ein Kraftgenie, launisch, ungestá¼m, sonderbar, bengelhaft, roh, unbescheiden, stolz, eitel, wankelmá¼tig, heute der wá¤rmste Freund, morgen fremd und kalt; … schalkhaft und bieder, stá¶rrisch und beugsam …“

— vgl. Musá¤us, 1783-



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